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VITA ANTIQUA Library                                                                               ISBN 966-95597-1-5

One hundred years of Chernyakhov culture. Collection of scientific articles. K., 1999

(DE)

Über die Verbreitung der jungkaiserzeitlichen achtförmigen Bernsteinanhänger in Sudeuropa und in Kaukasus, 171-202

Anna MASTYKOVA

 Die achtförmigen Bernsteinanhänger im Fundmaterial der Cemjachov-Kultur werden mit Recht als ostgermanisches Merkmal interpretiert. Sie sind jedoch aus dem pontischen Gebiet und Kaukasus bekannt, wo es schwierig anzunehmen ist, es hätten hier die Träger der Wielbark- bzw. der Cemjachov-Kultur gelebt. Solche Funde stammen z. B. aus Dagestan am Kaspischen Meer und aus Abchasien. In der vorgelegten Studie wird es versucht, zu bestimmen, woher solche Anhänger ins Schwarzmeergebiet und nach Kaukasus gelangten.

Die achtförmigen Bernsteinanhänger kommen vor allem in den Stufen Clb- C2 (200-325), aber auch später vor, u. z. in der Stufe D (360/ 370-440/450). Sie sind in der Cemjachov-Kultur weit verbreitet, wohin sie aus dem Bereich der Wielbark-Kultur kamen. In Pommern sind sie aus den jungkaiserzeitlichen Gräberfeldern und aus der D^bczyno-Gruppe bekannt. In derselben Zeit erscheinen sie auch in der westbaltischen Kultur.

Ähnliche Bernsteinanhänger sind auch aus den skandinavischen Grabkomplexen bekannt, vor allen aus Jütland, Seeland, Fünen, Bomholm, wo sie bereits in der Stufe Clb (200-260/270) auftreten und in den Stufen C2 (260/270-300/320) und C3 (310/320-360/370) weiter in Gebrauch bleiben. Die Verbreitung der achtförmigen Bernsteinanhänger umfasst ebenfalls den Karpatenbecken, das Elbgebiet und Böhmen. In Mecklenburg, Schleswig, im Oder- und Elbgebiet sind sie für die jüngere römische Kaiserzeit charakteristisch. Als Beigabe erscheinen sie im Fürstengrab 8 in Hassleben, einem der wichtigsten Grabkomplex der Stufe C2, der mit der Münze 253-268 datiert ist. Es scheint, diese Anhänger gelangten von der Weichsel-Oder-Elbe-Zone in den westlichen Teil Germaniens, wo sie z. B. in Gundelsheim, im Fürstengrab eines dreijährigen Mädchens der Stufe C2 gefunden worden sind. In der reichen Doppelbestattung in Gerlachsheim kommen sie ebnfalls vor; es ist ein Grabkomplex der Stufe C3, was eine silberne Schildfibel und ein inkrustiertes Glasgeföss belegen. Im alamannischen Frauengrab von Schleitheim-Hebsack in der Schweiz befanden sich unter reichen Beigaben auch vier achtförmige Anhänger. Das Grab datiert ins Ende des 4. bzw. in den Anfang des 5. Jhs. Die genannten Funde deuten daraufhin, dass die achtförmigen Bernsteinanhänger von Personen vom gehobenen sozialen Status getragen wurden.

Die achtförmigen Bernsteinanhänger sind aus Nordgallien bekannt, u.z. in Frauenbestattungen mit mit germanischen Beigaben am Rhein. Sie kommen aber auch in den typischen provinzialrömischen Gräbern vor, die in keinem Zusammenhang mit den Germanen stehen, wie Niederzier, Breny, Köln, Dieu-sur-Meuse, Weiden). Allerdings, wird ihre Anwesenheit in diesen Grabkomplexen als Resultat der Kontakte mit der germanischen Welt, mit dem Elb-Oder-Weichselgebiet oder mit Dänemark interpretiert. Ein Fund ist ausserdem aus Südwestengland bekannt, u.z. aus dem spätrömischen Gräberfeld in Fordington Hill. In den Donauprovinzen wurden solche Anhänger in der spätrömischen Nekropole Mautem und in den pannonischen Gräberfeldern der postvalentinianischen Zeit (nach 360) entdeckt. Es sind schliesslich noch einige weitere Funde aus dem spätrömischen Friedhof in Callatis und aus der Westküste des Schwarzmeeres hinzufügen. Sie wurden sogar in Palästina, im Fundkomplex des 4. Jhs. notiert.

Es wäre vollkommen falsch, in allen diesen Funden die Spuren der Träger der Wielbark-Kultur zu sehen, obwohl die ostgermanische und südwestbaltische Herkunft der achtförmigen Bernsteinanhänger keinem Zweifel unterliegt. Es ist vielmehr zu vermuten, dass in den römischen Provinzen und im Barbaricum diese Anhänger im 4. Jh. ihre ethnische Zugehörigkeit verloren haben und sich von Britannien bis nach Palästina als Halsketten-, seltener Armringbestandteile verbreiteten.

Diese Bemerkung ist bei den Studien über die Verbreitung der achtfbrmigen Anhänger im pontisch-kaukasischen Raum von wesentlicher Bedeutung. Sie treten in einigen sarmatischen Nekropolen im Don- und Wolgagebiet auf. Ihre Anwesenheit am Don mag auf die alanisch- sarmatischen Kontakte zur Zeit der gotischen Völkergemeinschaft hinweisen. Die Funde vom Wolga-Gebiet sind jedoch als Ausdruck der direkten sarmatisch-germanischen Verbindungen nicht so eindeutig zu interpretieren.

Die achtfbrmigen Bernsteinanhänger sind aus den spätkaiserzeitlichen und völkerwanderungszeitlichen Nekropolen der Krim und des Taman bekannt und werden gewöhnlich für Spuren der Kontakte der Krimer Alanen mit den Germanen gehalten. Das Problem sieht aber nicht so einfach aus. Es sei zu erinnern, dass die auf der südwestlichen Krim gefundenen Halsketten mit achtfbrmigen Anhänger ihre Entsprechungen im Bereich der Cemjachov- und der Wielbark-Kultur finden. Die Halsketten mit ähnlichen wie auf der Krim gefundenen Bestandteilen kommen in Gallien und im freien Germanien vor. So ist es zu vermuten, dass die auf der Krim gefundenen Colliers mit achtfbrmigen Bernsteinanhängern nicht den direkten Einfluss der Ostgermanen, aber eine allgemeine Mode des 4. Jhs. widerspiegeln, in der diese Anhänger der ostgermanischen Herkunft einen festen Bestandteil bildeten.

Solche Anhänger sind ebenfalls in Süddagestan und in Tscherkessien zu finden, wo hochwahrscheinlich von den Ostgermanen übernommen wurden, un zwar aus dem Gebiet der Cemjachov-Kultur, vermutlich über die Alano-Sarmaten am Don, bei denen solche Schmuckstücke, wie erwähnt, in Gebrauch waren, ln der Tat, in Nordkaukasus haben wir mit einer kleinen Gruppe der Funde vom Cernjachov-Typ zu tun.

Identische Anhänger stammen auch Abchasien, wohin sie mit den germanischen Truppen im römischen Dienst kommen durften. Es sei zu erinnern, dass nach römischem Recht die Eheschliessungen zwischen Bürgern und Nichtbürgem des Imperiums verboten waren (im weströmischen Teil funktionierte dieses Verbot sogar nach dem Fall Westroms). Deshalb wurden die Frauen der barbarischen Söldner vom Barbaricum geholt, die ihren Schmuck mitbrachten.

Die achtfbrmigen Bernsteinanhänger, deren Herkunft an der Ostseeeküste zu suchen ist, haben sich in der Spätkaiserzeit bei den Barbaren sowohl in den römischen Provinzen und sogar bis zum Nahen Osten weit verbreitet. Aus diesem Grund wäre es unbegründet, solche Funde aus dem pontisch-kaukasischen Gebiet nur mit der Cemjachov-Kultur in Zusammenhang zu bringen. Wenn die achtfbrmigen Anhänger nach Nordkaukasus hochwahrscheinlich als Resultat der kaukasisch-sarmatisch-germanischen Kontakte kamen, so wäre eine solche Interpretation für die Funde aus Abchasien und der Krim sicher nicht die einzige Möglichkeit.

Language: Russian

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Cite as:

Mastykova, A. 1999. O rasprostranenii yantarnykh gribovidnykh bus-podvesok pozdnerimskogo vremeni na yuge Vostochnoy Evropy i v Zakavkazye (Über die Verbreitung der jungkaiserzeitlichen achtförmigen Bernsteinanhänger in Sudeuropa und in Kaukasus). In: Levada, M.E. (ed.). Sto let chernyahovskoy kulture (One hundred years of Chernyakhov culture). Collection of scientific articles. K.: VITA ANTIQUA Library, 171-202 (in Russian).